Nachruf auf unseren Freund und Mitkämpfer Urs Loppacher.
Urs Loppacher war eine bekannte Persönlichkeit in polit-aktivistischen Szenen. Unzählige Menschen haben ihn aus gemeinsamen Engagements, aus Gremien der Gewerkschaften und des Bildungswesens, aus Demonstrationen und aus Solidaritätsaktionen gekannt. Jetzt ist er unerwartet und plötzlich gestorben. Viele Menschen werden ihn vermissen.
Urs Loppacher kam zur Ausbildung als Sekundarlehrperson aus dem Thurgau nach Zürich. Er blieb dann sein ganzes Leben hier. Er begann 1975 im Schulhaus Limmat A im Kreis 5, damals noch einem Arbeiterquartier, zu unterrichten. Er war ein beliebter Lehrer. Auch engagierte er sich stark für Verbesserungen zugunsten der Schüler:innen aus sozial benachteiligten Familien – wie für die Entwicklung einer durchlässigen Sekundarschule, für interkulturelle Unterrichtsprojekte und für die Einrichtung einer Schulbibliothek. Unter seiner Leitung war das Limmatschulhaus ein paar Jahre lang eine Vorzeigeschule für den Umgang mit Mehrsprachigkeit und sozialer Benachteiligung.
Seit Urs Loppacher in Zürich lebte, war er links-politisch aktiv, zuerst in kommunistischen Grüppchen, dann vor allem in der Gewerkschaft VPOD. Nach 23 Jahren Arbeit als Lehrer arbeitete er 13 Jahre lang als politischer Sekretär der Sektion Zürich Lehrberufe. Er spielte eine starke Rolle in der Zürcher Bildungspolitik. So war er treibende Kraft hinter vielen Aktionen gegen Sparmassnahmen im Bildungswesen, schmiedete Allianzen mit andern Verbänden, verhandelte mit verantwortlichen Regierungsrät:innen und Chefbeamt:innen und organsierte grosse Kundgebungen – mit dem Effekt, dass einige der Sparmassnahmen schliesslich nicht umgesetzt wurden. In der Totalrevision des Volksschulgesetzes half er mit, ökonomistische Vorschläge eines New Public Management zurückzudrängen. Viel Energie investierte er in das Vorantreiben von Schulreformen, mit denen die Volksschule diverser und chancengerechter werden sollte. Er initiierte und leitete das schweizerische «Projekt interkulturelle Bildung» des VPOD und die «Interessengemeinschaft Erstsprachen». Er veranstalte nationale Tagungen gegen eine selektive und für eine mehrsprachige Schule. Er setzte sich ein für die Integration des herkunftssprachlichen Unterrichts («HSK-Kurse») in die öffentliche Schule und für eine integrative schulische Aufnahme der zahlreichen Flüchtlingskinder aus dem Kosovo in den Jahren 1999 und 2000.
In seinen letzten Berufsjahren unterrichtete er nochmals mit viel Begeisterung als Sekundarlehrer an der städtischen Schule für Kunst und Sport.
Nach seiner Pensionierung vervielfachte Urs Loppacher seine freiwilligen Engagements. Er war auf nationaler und kantonaler Ebene im Kernteam der Kampagne «Bildung für alle -jetzt!» aktiv, die sich für einen besseren Zugang von Geflüchteten zur Bildung stark macht. Vor kurzem noch war er massgeblich an der eindrücklichen Kundgebung «Geflüchtete haben das Wort» im Zürcher Niederdorf beteiligt. Er hat dort für Bewilligungen, Bühnenwagen und Kasse gesorgt und unzählige Unterschriften für die Petition gesammelt. Seit mehreren Jahren hat er mit viel Aufwand den jährlichen Lauf gegen Rassismus und die Lottoabende für die Sans-Papiers Anlaufstelle Zürich (SPAZ) mitorganisiert. Das sind unterdessen traditionelle und beliebte Solidaritätsanlässe, die beträchtliche finanzielle Erträge für die Unterstützung benachteiligter Menschen generieren und die Öffentlichkeit für deren Lebenssituation sensibilisieren. Er arbeitete auch im Vorstand der Wohnbaugenossenschaft BEP mit, wo er sich insbesondere für die Partizipation der Bewohner:innen und für die naturnahe und
biodiverse Grünraumgestaltung einsetzte. Zudem kümmerte sich in der Gewerkschaft um den Zusammenhalt der Pensionierten und fuhr Tixi-Taxi für beeinträchtige Personen. Sein Engagement für Menschen und für eine bessere Welt war für ihn selbstverständlich.
Überall brachte Urs Loppacher sein immenses politisches und organisatorisches Wissen ein. Er konnte seine Stimme lautstark erheben. Er war ein guter Motivator und Vernetzer. Immer war er auch bereit, «einfache» Arbeiten zu übernehmen. Was er übernahm, erledigte er sehr genau und sorgfältig. Seine Tatkraft war gross, er schien unermüdlich. Er hatte eine starke Persönlichkeit, gradlinig und beherzt, was manchmal auch als dominant wahrgenommen wurde. Gleichzeitig war er ein liebenswürdiger, hilfsbereiter und verlässlicher Kollege und Freund.
Urs Loppacher war auch Familienmensch. Schon jung wurde er Vater von zwei Söhnen. Das Zusammensein mit seiner zweiten Frau Paola, seinen Kindern und fünf Enkelkindern war ihm eine grosse Freude. Er liebte das Leben, das Zusammensitzen unter Freund:innen, das Chorsingen und das Feiern, aber auch stille Rückzüge beim Beobachten von Vögeln und Pflanzen und in seinem Haus mit Garten und Mirabellenbäumen auf dem französischen Land. Ein erfülltes Leben ist zu Ende gegangen. Das Mitgefühl gilt seiner Frau und seiner Familie.